Am heutigen Tag besuchte ich gemeinsam mit der Klasse 8a im Rahmen einer Vertretungsstunde den Stolperstein in der Holzhäuser Straße 62. Diese Stolpersteine, ein Projekt des Künstlers Gunter Demnig, verfolgen das Ziel, an die Opfer des Nationalsozialismus zu erinnern und ihre Geschichten im alltäglichen Leben sichtbar zu machen. Der Künstler Gunter Demnig formuliert dazu: „Ein Mensch ist erst vergessen, wenn sein Name vergessen ist.“
Unser Besuch galt insbesondere dem Gedenken an Walter Arthur Handschuh, dessen Stolperstein wir heute gemeinsam betrachteten. Walter Handschuh wurde am 1. März 1895 in Leipzig geboren. Aufgrund geistiger Einschränkungen lernte er nur bedingt Schreiben und Lesen und lebte im Erwachsenenalter bei seiner Schwester in der Holzhäuser Straße 62. Er konnte jedoch diverse Hilfsarbeiten verrichten, und Arbeitgeber bescheinigten ihm eine gute, unauffällige Führung.
Am 12. Februar 1941 wurde Walter Handschuh nach Pirna-Sonnenstein transportiert und noch am selben Tag in einer als Duschraum getarnten Gaskammer ermordet. Zur Verschleierung dieser Verbrechen manipulierten die Nationalsozialisten offizielle Todesdaten; im Fall von Walter Handschuh wurde den Angehörigen der 26. Februar 1941 mitgeteilt.
Die Schülerinnen und Schüler reagierten während des Besuchs zunächst unterschiedlich: Von anfänglichem Desinteresse bis hin zu tiefer Betroffenheit war eine breite Palette an Reaktionen wahrnehmbar. Ein Schüler meinte beispielsweise: „Ich habe nichts gespürt“, während andere Wut und Trauer empfanden. Als ich dann die Geschichte von Walter Handschuh vorlas, hörten alle aufmerksam zu, es herrschte absolute Stille. Insgesamt verhielten wir uns am Ort ruhig und respektvoll. Gerade diese Vielfalt der Emotionen zeigte eindrucksvoll, wie wichtig das Erinnern an die Schrecken der NS-Zeit ist und bleibt.
Abschließend thematisierten wir auch, warum Stolpersteine gelegentlich beschädigt oder zerstört werden. Das Gespräch über mögliche Gründe und den Umgang mit solchen Vorfällen verlief offen und respektvoll.
Zudem möchte ich hervorheben, dass unsere Schule am Weißeplatz die Patenschaft für den Stolperstein von Walter Handschuh übernommen hat. Das bedeutet, dass Schülerinnen und Schüler unserer Schule mindestens einmal jährlich, jeweils am 9. November, den Stolperstein pflegen und reinigen. Diese Tradition stärkt unser gemeinsames Gedenken und macht deutlich, wie lebendig und notwendig die Erinnerungskultur an unserer Schule ist.
Weitere Informationen zum Leben und Schicksal von Walter Handschuh finden Sie auf der Webseite des Projekts: https://stolpersteine-guide.de/map/biografie/2016/handschuh-walter
Alexander Eckardt, Lehrkraft für Englisch, Ethik und Geschichte
